Ein gestandener Musiker mit jahrelanger Bühnenerfahrung, eine bunte Truppe, die weiß, wie man für gute Stimmung sorgt und eine Band, die schwer zu beschreiben ist, so gestaltete sich der dritte Abend auf den FrancoFolies in Montréal.

© J. Dummer

Den Anfang machte Yves Lambert vor einer überschaubaren Menge, die das triste und kühle Wetter nicht davon abgehalten hatte, zu kommen. Mit seiner 40-jährigen Karriere hat seine traditionelle Musik in Québec einen gewissen Kultcharakter. 1976 gründete er die Québecer Band La Bottine Souriante, deren Alben auch heute noch von vielen Generationen gehört werden. Mittlerweile ist er solo unterwegs. Für sein Bühnenjubiläum hat er mit Socalled (der im Sommer 2015 mit seinem eigenen Album PEOPLEWATCHING im Berliner Privatclub aufgetreten war) zusammengearbeitet, den er bei seinem Auftritt auch mit auf die Bühne holte. Herausgekommen ist dabei das Album LAMBERT DANS SES BOTTINES, auf dem einige Songs mit dem wohl interessantesten Instrument des Abends, der „ruine-babines“, der Maultrommel, begleitet wurden.

Um 21 Uhr ging es dann u.a. auf der Hauptbühne mit dem 90-minütigen Auftritt von Canailles weiter. Ich habe ja schon einmal von einem ihrer Konzerte im Montréaler Club Soda 2014 berichtet. Damals schrieb ich, dass sie mit ihren acht Musikern für gute Stimmung sorgten. Auch an diesem Abend war das so. Sie eröffneten ihren Auftritt mit dem Song „Titanic“ von ihrem aktuellen Album RONDS-POINTS. Weitere Songs kamen auch von ihrem Debüt MANGER DU BOIS, während im Hintergrund der Bühne die unterschiedlichsten Videoausschnitte von tanzenden Menschen, leicht bekleideten Frauen oder Filmsequenzen gezeigt wurden.

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Im weiteren Verlauf ihres Auftritts luden sie auch Gäste ein: Mononc’ Serge, Stephen Faulkner, Bernard Adamus und Daniel Tremblay. So wurde die Canaillesfamilie immer größer. Die Party fand überwiegend in den vorderen Reihen statt. In der Nähe hieß es dann auch gleich Achtung, umherfliegende Bierdosen, Achtung, Crowdsurfer oder Achtung, Pogo. Aber denen war gewiss nicht kalt. Am Ende erleuchtete der Name der Band in großen Lettern und es folgte noch eine Zugabe mit dem Song „ J’l’haïs“, in dem es um die Feststellung geht, sein Leben nicht zu hassen, sondern ganz cool zu finden und die ganzen guten Dinge darin hervorzuheben.

Manchmal lohnt sich das Warten auf ein spätes Konzert an einem kühlen Abend, an dem sich der Halbmond zeigt. Auf der zweitgrößten Bühne des Festivals kamen VioleTT Pi nach einem langen Intro gegen 23 Uhr auf die Bühne. Dabei dürfte die Kleidung der Band um Frontmann Karl Gagnon dem Gesamtkonzept des musikalischen Projekts entsprechen. Es ist ein Mix verschiedenster Stile, gepaart mit eigenwilligen, bildhaften Texten, die in ihrer Gesamtheit den Zuhörer ziemlich zum Staunen bringen. Vor Kurzem kam das neue Opus mit dem Titel MANIFESTE CONTRE LA PEUR auf den Markt. Es ist bereits ihr zweites Album und so bestand die Setlist aus einem Mix der Songs von beiden Alben.

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Der Auftritt verging wie im Flug. Neben den zu entdeckenden Songs ist auch Karl Gagnon ein interessanter, ganz eigener Typ, der gesanglich und tänzerisch einiges zu bieten hat. Da überrascht es kaum, dass das Publikum gerne auch über Mitternacht hinaus noch mehr von ihm gehört hätte. VioleTT Pis Mission, die Musikszene in Québec aufzumischen, ist damit wohl aufgegangen und sie liefern einen weiteren Beweis dafür, wie Vielfältig diese Musikszene ist.