Der Montréaler Singer-Songwriter Jason Bajada macht schon seit einigen Jahren Musik und kennt die Musikszene in Montréal bestens. Nach vier Alben in englischer Sprache hat er 2013 sein erstes Album mit elf französischen Songs veröffentlicht. Mit LE RÉSULTAT DE MES BÊTISES, das von der Presse und dem Publikum positiv aufgenommen wurde, tritt er heute Abend im Rahmen der 26. FrancoFolies de Montréal auf.
Ich habe Jason Bajada, der sich gleichermaßen wohl fühlt in der englischen und der französischen Sprache, im Pressesaal des Festivals getroffen und mit ihm über seine Karriere, die Québecer Musikszene und seinen bevorstehenden Auftritt gesprochen.

 

jason-bajada-j-dummer

© J. Dummer

 

Bevor dein aktuelles Album LE RÉSULTAT DE MES BÊTISES im vergangenen Jahr herausgekommen ist, hattest du bereits vier Alben in englischer Sprache aufgenommen. Wie würdest du die Québecer Musikszene beschreiben? Muss man zwischen einer anglophonen und frankophonen Musikszene unterscheiden oder gibt es Berührungspunkte?

Jason: Ich habe den Eindruck, dass die beiden Musikszenen zunehmend zueinander in Kontakt treten. Vor einigen Jahren waren es noch zwei getrennte Welten, vielleicht nicht zu 100 % aber in einem Verhältnis von 90 zu 10. Ich glaube, dass sie sich in letzter Zeit vermischen, was man unter anderem daran sieht, dass anglophone Musiker mit frankophonen Musikern zusammen spielen.
Ich arbeitete immer in einem Umfeld, in dem sich alles mischte. Bevor ich das Projekt von LE RÉSULTAT DE MES BÊTISES in Angriff nahm, spielte ich als Vorband von Dumas. Als sie mich damals gefragt haben, war ich ein wenig irritiert. Ich fragte lieber noch einmal nach, ob sie sich wirklich sicher seien, dass sie mich als Vorband wollten, denn ich singe doch auf Englisch und das Publikum von Dumas ist ja überwiegend frankophon. Als ich daraufhin das erste Mal die Bühne des National in Montréal betrat, wurde mir innerhalb von 10 Sekunden klar, dass das frankophone Publikum englischsprachige Musik hörte. Das ist viel öfter der Fall als umgedreht.
Nach meinem Konzert haben die Leute mein Album gekauft und alles lief super. Ich spielte danach mit Cœur de pirate und anderen Musikern. Es viel mir leicht, mit dem Publikum, das französischsprachig war, in Verbindung zu treten, zumal ich auch französisch spreche. Das sind meine persönlichen Erfahrungen. Daneben gab es zum Beispiel gemeinsame Projekte von Patrick Watson und Karkwa. Es hat mir gefallen, wie sie gemeinsam Musik machten. Heutzutage gehört dieser Kontakt zwischen beiden Szenen irgendwie dazu. Als ich im Studio für die Aufnahme des Albums war, arbeitete ich mit Joe Grass zusammen, der eher aus einem anglophon geprägten Umfeld kommt, und mit François Lafontaine. It’s all mixed up.

Hatte sich zu diesem Zeitpunkt, als du mit Dumas und Cœur de pirate unterwegs warst, der Gedanke entwickelt, ein Album auf Französisch aufzunehmen?

Jason: Nein. Das war 2006, 2007. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt erst mein 2. Album veröffentlicht. Darauf folgten zwei weitere Alben: LOVESHIT und THE SOUND YOUR LIFE MAKES. Das aktuelle Album, mein 1. auf Französisch, entstand eher durch Zufall. Ich hatte das nicht geplant oder erwartet. Ich habe eines Abends im November 2011 einen Song geschrieben ohne besondere Erwartungen zu haben. Schließlich fand ich Gefallen daran, auf Französisch zu schreiben.

Wie bist du auf den Titel LE RÉSULTAT DE MES BÊTISES (das Ergebnis meiner Dummheiten) gekommen?

Jason: Ich finde, dass es einfach ein schöner Titel ist. Er stammt aus dem Song „Le temps“. Immer wenn man nach dem Titel für ein Album sucht und das Album fertig gestellt ist, setzt man sich mit den Texten hin. Ich habe mir die Sätze und die Ausdrücke angeschaut, die gut funktionierten. Ich fand, dass „Le résultat de mes bêtises“ ein hübscher Titel ist, der auch leicht über die Lippen geht.

Aber auf Französisch zu singen war keine Dummheit, oder?

Jason: Nein, das war es nicht. Aber ich mache viele dumme Sachen, um Erfahrungen zu sammeln, die mich zu neuen Songs führen.

Haben dich für dein Album Musiker der Québecer Musikszene inspiriert?

Jason: Ich habe mir als Vorbereitung sehr viele Sachen angehört. Ich habe mich für einen Monat in ein Landhaus in den Laurentides [eine Region im Südwesten Québecs] zurückgezogen. Ich hörte mir Vieles zum ersten Mal an. Ich kannte zwar Musiker wie Dumas, Yann Perreau, Pierre Lapointe und sah sie ab und an auf Festivals aber ihre Musik hatte ich zuvor nicht gehört. Während des Monats im Landhaus in den Laurentides hatte ich ganze Musikabende auf dem Programm. Ich hörte zum Beispiel Musik von Pierre Lapointe, trank dazu ein Glas Wein. Ich hörte aufmerksam zu und wollte erfahren, worüber er singt und auf welche Art er Texte schreibt. Genauso habe ich Salomé Leclerc gehört. Ich hatte sie vor einer Weile live gesehen und mir daraufhin ihr Album gekauft, das ich danach sehr oft gehört habe. Das hat sicherlich dazu geführt, dass mir Ideen für Songs in den Kopf kamen aber eigentlich ist es eher die anglophone Musik, die mich inspiriert hat. Ich hörte zu der Zeit viel The war on drugs [eine amerikanische Indie-Rock-Band]. Ich hörte mir deren Album an aber ich denke nicht, dass sich das in meinem Album niedergeschlagen hat.

Welche Reaktionen hast du von deinen Fans bekommen, die vorher nur deine englischen Songs kannten?

Jason: Bei den meisten Leuten kam es gut an. Ich hatte in Québec bereits einen gewissen Erfolg. Ab und an hätten die Leute gerne einen Song auf Französisch gehört, aber ich hatte nicht an ein ganzes Album gedacht. Nach den Konzerten kamen manchmal Leute zu mir, um sich zu bedanken. Aber ich habe LE RÉSULTAT DE MES BÊTISES nicht für das Publikum aufgenommen, sondern weil ich Lust darauf hatte. Es war etwas Neues. Nach 4 Alben in englischer Sprache wollte ich mich neu erfinden und weil ich das Glück habe, zwei Sprachen zu sprechen, dachte ich mir: „Warum nicht ?“. Ich frage mich, warum ich das nicht schon früher gemacht habe.
Ich höre mir gerne die Reaktionen an. Die Leute wünschen sich sowohl den Song „Ten days in Miami“ als auch „Les jolies françaises“ oder „Armée de montgolfière“. Ich finde, dass das eine gute Mischung ergibt.
Bis jetzt bin ich mit dem neuen Album noch nicht wirklich außerhalb von Québec unterwegs gewesen. Ich weiß noch nicht, wie die Leute in den USA oder dem anglophonen Teil Kanadas darauf reagieren werden. Das wird spannend zu sehen sein, wenn ich zum Beispiel ein Konzert in Toronto gebe und eine Mischung aus meinen englischen und französischen Songs spiele.

Du sprichst sowohl Englisch und Französisch und fühlst dich in beiden Sprachen wohl. Glaubst du, dass es im Hinblick auf den internationalen Musikmarkt einfacher ist zum Beispiel mit englischen Alben Erfolg zu haben?

Jason: Ich denke, dass nichts einfach ist. Nichts ist einfach in Bezug auf eine mögliche Eroberung des internationalen Musikmarkts. Ich bin an einem Punkt in meiner Laufbahn angekommen, an dem ich sehe, dass die Dinge, die bisher am Besten funktioniert haben, die sind, die außerhalb meiner Kontrolle liegen. Glück spielt da hinein genauso wie interessante Treffen. In den letzten Jahren haben sich wirklich lustige Sachen aus reinem Zufall ergeben. Die Dinge, die wir versuchen zu kontrollieren, enttäuschen uns letztendlich. Deshalb sage ich mir, dass Nichts einfach ist. You do it ’cause you love it. That’s it.

Man merkt, wie du dich zwischen den beiden Sprachen hin und her bewegst.

Jason: Meine Mutter ist anglophon und mein Vater frankophon. Zu Hause haben wir beide Sprachen gesprochen. Manchmal wusste man gar nicht, welche Sprache man gerade spricht. Das ist es, was genial ist und was Québec und Montréal so besonders macht. Man muss sich nur den Hip-Hop von heute anschauen, wo beide Sprachen unverblühmt miteinander vermischt werden zum Beispiel im Song „Baby tiens mon drink“ [vom Montréaler Rap-Trio Loud Lary Ajust].

An welche Orte hat dich deine Musik bereits geführt?

Jason: Bereits an viele Orte. Mit dem aktuellen Album waren wir bis jetzt hauptsächlich wegen Musikvideos unterwegs. Die Musikvideos sind eigentlich sogar mehr unterwegs als ich. Wir haben das erste Video in Shanghai gedreht und sind danach an einigen Orten in China gewesen. Für den Dreh des Clips zu „Les jolies françaises“ waren wir in Italien.
Vor einigen Jahren hatte ich das Glück in coolen Sälen in Frankreich zu spielen. Ich war unterwegs in Paris, in Berlin, in London, ein wenig in den USA und im anglophonen Teil Kanadas.

Als du in Berlin warst, hattest du da Zeit, die Stadt ein wenig zu erkunden?

Jason: Nicht wirklich. Ich war nur für 4 Tage da. Ich erinnere mich aber, dass ich es geliebt habe. Ich weiß zwar nicht wieso, denn eigentlich war es so kalt und die Bedingungen für eine schlechte Erinnerung an die Stadt waren gegeben. Aber letztendlich hat mich die Stadt verführt. Sie erinnerte mich zudem an Montréal.
Ich hatte Glück, wohnte ihn einer Wohnung in Kreuzberg. Ich verbrachte die Zeit dort und alles war angenehm entspannt. Die Leute waren sehr nett. Ich spielte einige Konzerte, die das komplette Gegenteil zu Paris waren, wo ich in großen Sälen auftrat. In Berlin waren es eher kleine Bars und wirklich kleine Konzertlocations. Ich war aber angenehm überrascht wie aufmerksam die 30-40 Leute zuhörten, vor denen ich spielte.

Heute Abend findet dein Konzert im Rahmen der 26. FrancoFolies de Montréal statt. Was können wir für heute Abend erwarten?

Jason: Es wird eine komplett andere Show als sonst. Für diesen Abend wollen wir zu den Wurzeln des chanson zurückkehren. Es wird ein sehr akustisches, sehr intimes Konzert. Im Astral werden wir einen Flügel haben. Dan Thoin und ich werden gemeinsam spielen.
Das Album enthält viele leise Songs und ist aus musikalischer Sicht sehr beladen mit viel Gitarre und Klavier. Aber an diesem Abend wird es nur eine Gitarre und ein Piano geben, vielleicht ein bisschen Keyboard, vielleicht kommen auch einige eingeladene Musiker. Alles in allem wird es sehr reduziert sein. Ich möchte, dass die Leute die Texte, die Songs und die Melodien wahrnehmen und ich möchte testen, ob die Songs auch auf diese Art funktionieren.

Weitere Infos zu Jason Bajada gibt es auf seiner Website.