Die FrancoFolies de Montréal boten auch in ihrem 26. Jahr einen guten Überblick über die vielseitige frankophone Musikszene in Kanada. Im Programm zu finden waren auch Monogrenade, die erst vor Kurzem ihr zweites Album COMPOSITE herausgebracht haben. Am 13. Juni traten sie mit ihren neuen Songs zum ersten Mal in kompletter Besetzung auf der Bühne des Gésu auf. Ich habe Jean-Michel Pigeon von Monogrenade zu einem Interview getroffen und er erzählte mir, wie die Band sich in den letzten Jahren geformt hat, wie das aktuelle Album entstanden ist und welche Projekte es gibt, demnächst nach Europa zu kommen.

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© J. Dummer

Monogrenade setzt sich aus aktuell 6 Bandmitgliedern zusammen. Wie ist die Band entstanden und welche Bedeutung hat der Name „Monogrenade“?

Jean-Michel: Der Name, der hat nicht wirklich eine Bedeutung. Da steckt kein Konzept dahinter. Als wir unser erstes Demo aufnahmen, nannten wir es LA SAVEUR DES FRUITS (dt. der Geschmack der Früchte). Wir hatten dabei einen Granatapfel (franz. grenade) im Kopf. Es ist eine schönes Wort zu dem wir mono ergänzten: Monogrenade. Das Wort hatte für uns einen schönen Klang.
Das Projekt der Band entstand 2008. Wir nahmen Musik in einem Châlet (einem typischen Landhaus inmitten der Québecer Natur) auf, obwohl die Band da noch nicht existierte. Letztendlich sind dort 8 Songs entstanden und wir sagten uns: Machen wir daraus ein Album und treten wir damit auf. Mit diesem Ausflug in das Châlet hat das damals begonnen. Seit diesem Moment hat sich viel verändert. Anfangs und damals im Landhaus waren wir zu zweit, ich und Fréd B. Girard. Danach habe ich meine Freunde Mathieu und François in die Band geholt; beide sind langjährige Freunde, die ich schon seit meiner Kindheit kenne. So waren wir zu viert. Anschließend kam Marianne, die Cellistin, dazu. Kurze Zeit später folgten Musikerinnen mit Horn und Geige, die später wechselten.

Gerade ist euer 2. Album mit dem Titel COMPOSITE erschienen. Wie ist das Album entstanden?

Jean-Michel: Das Album haben wir innerhalb eines Jahres aufgenommen. Das ist im Vergleich zum ersten Album, das in eineinhalb bis zwei Monaten in einem Châlet entstanden ist, ziemlich lang. Für COMPOSITE war ich das ganze Jahr über im Studio. Ich nahm zu unterschiedlichen Zeiten einzelne Stücke von Songs auf. Wir waren sogar in Paris im Studio, wo wir zwei Songs eingespielt haben: „Le phantôme“ und „Composite“. Ich habe mir für das Album Zeit genommen, habe mit allen gemeinsam und mit jedem einzeln im Studio gearbeitet. Das war wirklich cool.

Und wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Marie-Pierre Arthur für den Song „Labyrinthe“?

Jean-Michel: Ich mag einfach ihre Stimme. Und ich mag sie als Künstlerin. Als ich „Labyrinthe“ geschrieben habe, musste ich sofort an sie denken. Ich stellte mir vor, wie sie den Song singen würde. Eigentlich waren es sogar zwei Songs, die ich mir mit ihr vorstellte: „J’attends“ und „Labyrinthe“. Ich habe ihr den Song geschickt und jetzt ist er auf dem Album.

Euer erstes Album TANTALE erschien 2011 in Québec und 2012 im frankophonen Europa. In Frankreich kam es gut an. An welche Orte hat es euch gebracht und welche Reaktionen konntet ihr beim Publikum wahrnehmen?

Jean-Michel: Wir sind sehr zufrieden mit den Reaktionen der Leute. Man weiß ja nie, was passieren wird. Wir haben kleine Konzerte gespielt. Wir haben gar nicht so viel darüber nachgedacht aber die Leute fanden es gut. Sie waren echt begeistert. Wir haben auch auf dem Festival Bars en transe in Rennes gespielt, das ich vorher nicht kannte. Wir waren auf Tour, gaben mehrere Konzerte, was sehr gut lief. Und als das Album dann herauskam, stellten wir fest, dass die Leute es mochten. Das hat uns sehr überrascht. Jetzt hoffen wir, dass es so weiter geht.

COMPOSITE erscheint im September 2014 auch in Frankreich. Inwiefern ähneln und worin unterscheiden sich die beiden Alben?

Jean-Michel: Worin sie sich ähneln? Ich denke, dass sind immer noch wir. Das 2. Album hat eine etwas andere Färbung. Einfacher ist es zu sagen, worin sie sich unterscheiden: Bei TANTALE hatten wir nicht wirklich ein Konzept. Es sind unterschiedliche Songs und unterschiedliche Geschichten. Ich hatte einige Teile von Songs vor acht Jahren komponiert, andere hatte ich extra für das Album geschrieben. Ich habe also viele Teile zusammengefügt. Daher kommt auch die Bezeichnung „tantale“ (dt. Nimmersatt, eine Storchenart in Südamerika) für das Album. Es ist ein eigenartiger Vogel. Bei COMPOSITE geht es in den Songs um dasselbe Thema: um Beziehungen, um Psychologie, um die Menschen.

In den Texten des aktuellen Albums gehst du vom menschlichen Wesen auf der Welt aus, um dann allerdings auch die Erde zu verlassen und ins Universum zu gleiten, was man sehr schön auf der Hülle des Albums sehen kann. Wie schreibst du deine Texte, die sich mit der Musik auf eine kraftvolle Art und Weise verbinden?

Jean-Michel: Das Schreiben war ein wirklich langer Prozess. Manchmal verbrachte ich ganze Tage vor meinem Blatt Papier, nachdem ich die Musik bereits fertig komponiert hatte. Dann sang ich oft auf meine Demos, nahm hauptsächlich „chachachas“ auf, also nur Silben. Anschließend ergänzte ich die Melodien mit Texten. Ich saß lange vor der leeren Seite und dachte nach. Ich bin von der Psychologie begeistert. Viele Menschen mögen sie nicht, weil sie schwer zu fassen ist und weil es keine Parameter gibt, die sie abschließt. Man kann nicht einfach sagen: „Das war so.“ Die Philosophie ist sehr vage aber auch überall präsent. Ich denke, dass es eine Wechselbeziehung mit dem Universum, den Planeten gibt. Das All ist viel größer als wir, aber es ist, was wir sind.

Wie kann man euren Sound, der, wie du gesagt hast, auf beiden Alben zu finden ist, am Besten beschreiben? Ist es Indie-Rock oder ist es Pop?

Jean-Michel: Das ist schwer zu sagen. Für mich ist Indie-Rock mehr Rock und es gibt mehr Gitarrensound. Wir haben viele Aufnahmen mit Streichern. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie man das am Besten bezeichnet. Ich tue mich immer ein wenig schwer damit, die Musik, die wir machen zu definieren. Ich glaube, es ist auch ein wenig Pop. Ich mag Popmusik sehr und ich mag Musik, die, sagen wir mal, eher puristisch ist. Ich bin mir nicht sicher. Es ist eine Mischung aus vielerlei Dingen.

Auf den diesjährigen FrancoFolies de Montréal habt ihr COMPOSITE zum ersten Mal mit der gesamten Band gespielt. Es war ein fesselndes, schönes Konzert. Wie war das für euch?

Jean-Michel: Es hat total Spaß gemacht. Es war wirklich das erste Mal auf der Bühne mit den neuen Songs. Wir haben zuvor in einem Raum geprobt, was eher Arbeit ist. Wir haben recherchiert, mit dem Erstellen des Albums begonnen und dann das Konzert auf die Beine gestellt. Während all dieser Zeit hat man nicht wirklich die Gelegenheit, das zu genießen. Die ganze Vorbereitung läuft eher unbewusst ab. Während des Konzerts stehen dann die Leute vor dir. Und auf dem Konzert haben wir sie wirklich gemerkt. Für mich war es ein sehr schöner Moment auf der Bühne, der lange auf sich hat warten lassen. Im Studio zu sein bedeutet zurückgezogen zu sein. Es ist Teil meiner Arbeit. Aber dann aus dem Studio rauszugehen, auf der Bühne zu stehen und mit Menschen zusammen zu sein tut gut.

Denkst du bereits an den Moment auf der Bühne, wenn du im Studio an einem Album arbeitest?

Jean-Michel: Manchmal. Gerade wenn man versucht Konzerte zu planen, die zwar im Studio möglich sind aber eben nicht auf der Bühne. Wenn du z.B. zwei Stimmspuren und zwei Spuren mit dem Cello aufnimmst, dann klingt das echt schön aber wie überträgst du die Spuren anschließend, um sie live umzusetzen. Das Arrangieren der Musik ist, als ob es eine andere Arbeit ist. Es wäre heutzutage einfach eine Geige und ein Cello zu nehmen und damit viele Spuren aufzunehmen, so dass sich das dann zusammen abgespielt wie ein Orchester anhört. Aber das dann auf die Bühne zu übertragen ist schwierig.

Wie geht es für euch weiter? Gibt es Pläne für eine Tour in Europa?

Jean-Michel: Wir sind voraussichtlich im November in Frankreich. Vielleicht auch schon früher. Das hängt davon ab, ob wir das Album zuvor promoten werden. Einige Dinge sind gerade dabei sich zu entscheiden. Um die drei Daten sind bereits bestätigt. Wir versuchen ausreichend Termine zu finden, weil wir viele sind und das dementsprechende Kosten sind. Die Pläne konkretisieren sich langsam. Aber es steht bereits fest, dass wir fahren und darauf freuen wir uns schon.

Demnach werden wir bald die Möglichkeit haben, Monogrenade live in Europa zu sehen. Ich bedanke mich bei Jean-Michel Pigeon und werde die kommenden Konzerttermine im Blick behalten.