© J. Dummer

Während ihres Auftritts auf der wohl gemütlichsten Bühne des Festivals mit seiner einladenden Grasfläche verlor Rosie Valland nicht viele Worte, um sich mit dem Publikum auszutauschen. Vielmehr lud sie es ein, in ihre musikalische Blase einzutauchen, die ihre Songs erschaffen. Neben ihr an der E-Gitarre wurde sie von den Brüdern Levac begleitet, Frédéric und Jean-Philippe, die sonst mit ihrer eigenen Band Pandaléon unterwegs sind. Sie spielten u.a. Songs von der im März 2016 erschienenen EP NORD-EST, mit der sie nach ihrem Album PARTIR AVANT von anderen Dingen als Trennung sprechen wollte.

© J. Dummer

Zum letzten Konzert der FrancoFolies de Montréal auf der Hauptbühne erschien das Publikum zahlreich – das Foto zeigt nur einen kleinen Ausschnitt. Gegeben hat es Louis-Jean Cormier, der vor zwei Jahren mit drei anderen Bands das Festival eröffnet hat. Laurent Saulnier, der für das Programm verantwortlich war, trat ein letztes Mal auf die Bühne, um den Sänger anzukündigen und schon auf die Ausgabe im kommenden Jahr hinzuweisen. Dann überließ er Louis-Jean Cormier die Bühne, die an ein Fotostudio erinnerte. Bevor die Musik einsetzte, richtete er einige Worte an die vielen Leute, die ihn mit minutenlangem Applaus begrüßten, noch bevor der erste Song gespielt wurde. Es sollte ein unvergesslicher Abend werden, der leise anfing und sich mit jedem weiteren Song steigerte. Die musikalische Komplexität nahm mit der Zahl der weiß gekleideten Musiker zu, die er nach und nach zu sich auf die Bühne einlud. Und auch einen Gast holte Louis-Jean Cormier ab und zu auf die Bühne, den Autor und Slammer David Goudreault, der die Romane La bête à sa mère und La bête et sa cage veröffentlicht hat. Er hatte Botschafen in poetischer Form dabei, die die Bedeutung der Dichtung und der eigenen Sprache hervorhoben und die Offenheit und Neugier für die Welt betonten, die sich dreht, aber eben nicht um uns. Ein Beweis dafür ist der Mond, der an diesem Abend in seiner Gesamtheit von hoch oben auf den Festivalplatz blickte und der Musik mit einem Lächeln in seinem Mondgesicht zu lauschen schien.

Während das Konzert von Louis-Jean Cormier noch voll in Gang war, betrat um 22 Uhr Laurence Nerbonne dieselbe Bühne, auf der zwei Stunden vorher noch Rosie Valland gestanden hat. Sie hatte sich mit ihrem reduzierten Elektropop bereits am 15. Juni einem Publikum, das größtenteils aus Leuten aus der Musikbranche bestand, im Zelt der FrancoFolies präsentiert.

© J. Dummer

Als eine der letzten Musikerinnen auf der Bühne der 28. Ausgabe des Festivals betonte sie noch einmal, wie wichtig dieses Festival für die französischsprachige Musik ist, vor allem für die aus Québec. Es folgte ihre Hommage an Montréal: „Montréal XO“.

Die 28. FrancoFolies de Montréal endeten ganz anders, als sie begonnen hatten: Wurde das Eröffnungskonzert an einem kühlen Tag vom Rap aus Québec dominiert, bot der letzte Abend bei schönstem Sommerwetter Folk, Rock und Pop. Die Spanne des gesamten Programms war die letzten zehn Tage weit gefasst. Die Konzerte unter freiem Himmel mit einigen Highlights lockten mal mehr, mal weniger Zuschauer an und die im Astral, Gésu, Club Soda, Métropolis oder Centre Bell waren hier und da ausverkauft. Ich habe mir um die 20 Konzerte angeschaut. Sie waren von unterschiedlicher Dauer, von unterschiedlicher Qualität, fanden unter den verrücktesten Umständen statt oder gingen reibungslos vonstatten.

So wie bereits in den letzten Jahren wurde es auch in diesem Jahr nicht langweilig und ich bin gespannt auf die kommende Ausgabe der FrancoFolies, die vom 8. bis zum 18. Juni 2017 in Montréal stattfinden wird. Und es wurde bereits bekannt gegeben, dass Pierre Lapointe mit einer neuen Show AMOURS, DÉLICES ET ORGUES wieder dabei sein wird.