Die Musiker der psychedelischen Punk-Rockband waren sehr motiviert, vor allem der Schellenring-Spieler und der Gitarrist gingen ordentlich ab. Auf das Publikum hat sich diese Energie kaum übertragen, dennoch wurden ihre Songs gebührend applaudiert. In ihren Songs variierten sie stark den Rhythmus, ließen Raum für Schlagzeug- und Gitarrensoli und manchmal kam auch Gesang dazu, den man allerdings kaum verstand. Ihr Auftritt hatte was von einer Probe, bei der noch nicht alles stimmte. Hier und da gab es ein kurzes „merci“ ans Publikum und nach einer knappen halben Stunde kam der letzte Song, nach dem sie selbst direkt ihre Instrumente abbauten und mit sich von der Bühne trugen.
Während auf den Außenbühnen zur selben Zeit u.a. Félix Dyotte und Jason Bajada auftraten, kam gegen 22 Uhr der Headliner des Abends, Les Trois Accords, auf die Bühne des Métropolis und gab bereits beim ersten Song „Les dauphins et les licornes“ alles. Ihr aktuelles und bereits sechstes Album kam im November 2015 heraus, genug Zeit also, um die Texte auswendig zu lernen, und zwar jedes einzelne Wort. Es ist schon beeindruckend, wenn das gesamte Publikum, und an diesem Abend waren darunter auch einige Kinder, den gesamten Abend lauthals die Lieder der Rockband aus Drummondville mitsingt. Wer braucht da Backgroundsänger? Nach der letzten Note von „Les dauphins et les licornes“, für den die Bühne in den Farben des Regenbogens erstrahlte, verabschiedeten sich Les Trois Accords, indem sie sich für den tollen Abend bedankten. Natürlich ein Scherz. Dennoch könnte man sagen, dass sie dann eine ziemlich lange Zugabe spielten und dann sogar noch eine zweite gaben. Aber dazu später mehr.
Es war eine Mischung aus Songs ihres neuesten Albums, etwas älteren Songs und ganz alten Liedern, darunter „Joie d’être gai“, „Loin d’ici“, „Dans mon corps de jeune fille“, „Je me touche dans le parc“ und „Bamboula“. Alles Songs mit eigenwilligen Titeln oder Textzeilen, die in den vergangenen 13 Jahren ihrer Karriere zusammengekommen sind. Bei jedem Song, und darauf schien die Band sich verlassen zu können, war die Energie des Publikums überwältigend. Die vier Bandmitglieder, Pierre-Luc Boisvert, Charles Dubreuil, Alexandre Parr und Sänger Simon Proulx, waren davon sichtlich gerührt und teilten dies auch gerne mit. Hier und da erzählte Simon Proulx eine kurze Anekdote oder startete bei „Je me touche dans le parc“ einen Aufruf: Les Trois Accords sucht jemanden, dem das, worüber sie da singen, wirklich passiert ist, denn sie würden gerne den Medien berichten, dass der Text auf einer wahren Begebenheit beruht. Absurd trifft die Natur ihrer Texte wohl ganz gut, aber dafür sind sie vielleicht umso zugänglicher und leichter zu behalten. Die Fans der Trois Accords waren bereit sich komplett hinzugeben, ohne Pause. Sie sangen mit, tanzten, begannen sich nach Aufforderung vereinzelt zu entkleiden – ein nacktes Publikum nimmt ja bekanntlich die Nervosität derjenigen, die auf der Bühne stehen. Und dann entdeckte ich in der Menschenmasse auch noch ein Einhorn, das übrigens auch auf dem Albumcover von JOIE D’ÊTRE GAI zu finden ist. Für die wirklich eingefleischten Fans gab es am Eingang zudem einen Aufsteller des Covers, der für Fotosessions genutzt werden konnte.
Mit „J’aime ta grand-mère“ verabschiedeten sich vier nass geschwitzte Männer unter anhaltendem Applaus von der Bühne. Kurz darauf kamen sie zurück, um weitere Songs zu performen, darunter auch „Pièce de viande“, der vom Publikum angestimmt und somit der Wunschsongs des Abends war. Eine A-cappella-Version von „Saskatchewan“ rundete das Konzert ab.
Es war ihr erstes Konzert in Montréal mit dem neuen Album, mit dem sie gerade in der Provinz unterwegs sind. Und es war ein Erfolg. Während die Fans auf dem Weg nach draußen den Eröffnungssong „Les dauphins et les licornes“ erneut anstimmten, stellte sich die Frage, ob dieses Konzert wohl zu denen zählt, bei dem man am besten dabei war. Und ich gebe zu, was die Stimmung angeht, haben sie die Messlatte hochgelegt. Mal sehen, wer da in den nächsten Tagen noch rankommt.